Sorry und die Frage nach der Gewaltförderung

Entschuldige, lieber Blog, du wirst nicht gehegt und nicht gepflegt und keiner kümmert sich um Dich. Jetzt sind außerdem noch Ferien und der Traffic hier, in den weiten des WWW lässt spürbar nach. Ich sehe schon, Du vereinsamst! Und ich, Deine Mutter, kümmere mich nicht um Dich. Das ist verwerflich und ich muss sagen: Ja, ich vermisse Dich auch. Brachtest Du mir doch bisher so manch eine schöne Stunde am Abend, die mich beim Schreiben mit Kurzweil erfüllte. Und nun? Verwahrlosung, Einöde, Tristesse … Ich bin untröstlich, kann Dich aber nicht trösten, denn ob hier wieder Leben einkehrt, ist schwer vorherzusehen. Ich versuche, meinen Fingern ein kurzes und müdes Update zu entlocken in der Hoffnung, dass dieser Tropfen auf den heißen Stein Dich ein wenig berührt, aufmuntert und nährt bis zum nächsten Wolkenbruch, auf den wir doch beide so sehr warten.

7.8.2013

Der Junge wurde in der Kita gebissen beim Kampf um das Bobbycar. Wie wir hören, hat er sich zwar nicht ergeben – aber gewehrt hat er sich auch nicht. Bei dem Kind war ich immer froh und stolz, wenn ich sagen konnte: „Sie schlägt NIE! Sie argumentiert!“ Bei dem Jungen ist das anders. Erstens fehlen ihm die Worte und ich habe keine Ahnung, wann er zu sprechen beginnen wird. Die große Schwester sagte mit 19 Monaten bereits fließend „Äppete“ (Erdbeere), „Lappen“ (Achtung, ich habe etwas verschüttet!) und „Apfel“ (Apfel). Der Junge sagt nur „(h)eiß“, wobei ich nicht sicher bin, ob er das „h“ auch wirklich ausspricht. Halbwegs sicher bin ich mir nur, das „(h)eiß“ sein bisher einziges echtes Wort ist, das er sehr flexibel einsetzt. In unterschiedlichen Kontexten kann es bedeuten:

  • Eis (das bedeutet es in 9 von 10 Fällen, dabei steht er vor dem Gefrierfach unserer Kühl-/Gefrierkombi und macht eindeutige Zeigebewegungen mit dem Finger in Richtung der Schublade, in der er das Eis weiß)
  • Essen im Allgemeinen (egal, welche Temperatur es hat)
  • Essen im Speziellen (wenn es heiß ist)
  • heiß (selten auch außerhalb des Mahlzeiten-Kontexts, z.B. heißer Herd – wobei da ja meistens auch Essen drin steht… Hm, sollte ich mir Sorgen über eine mögliche Fixierung aufs Essen mache?)

Der Junge sagt nicht „Mama“ und nicht „Papa“. Er sagt „Gecka“, das bedeutet Schwester. Und er sagt „Gai“, das ist der Ball. Alles andere ist meistens „Gaga“.

Es fehlen ihm also noch die verbalen Ausdrucksmöglichkeiten, um sich im Wettkampf um Bobbycars und andere Spielzeuge mit 4 Rädern zur Wehr zu setzen. Aber zurückgehauen oder gar gebissen hat er auch nicht. Ist das jetzt gut oder schlecht? Inzwischen geht man ja davon aus, dass bei uns die Jungs die Leidtragenden in unserer überwiegend von weiblichen pädagogischen Fachkräften besiedelten Erziehungslandschaft sind. Es gibt ganze Bücher, die sich damit beschäftigen, dass Jungen mehr männliche Identifikationsfiguren brauchen und ihnen auch ein männliches Verhaltensrepertoire im Konfliktfall zugestanden werden sollte. Jungs brauchen Raum zum Toben, Schwertkämpfen, Ringen und Raufen. Jetzt frage ich mich, ob es gut war, dass er sich nicht gewehrt hat, oder ob das jetzt schon ein Symptom der Unterdrückung seiner körperlichen Ausdrucksweise ist, weil die einfühlsamen weiblichen Erzieherinnen ihm eingebläut haben und jeden Tag mit verheerenden Folgen für den Jungen vorleben, dass man nicht haut. Andererseits hat sein Kontrahent ja genau die gleichen Erzieherinnen. Ich bin ratlos, entschließe mich aber vorerst dazu, mich mit der Friedfertigkeit des Jungen abzufinden. Peace!

Autor: Wortdealer

Mein Blog.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.