Wir leben in einem progressiven Haushalt, in dem sich nicht nur die Frau um die täglichen Dinge des Alltags kümmert, sondern auch der Mann. Im Laufe von fast 20 Ehejahren hat es sich etabliert, dass er für die Wäsche zuständig ist. Was vor den Kindern noch ein übersichtliches Unterfangen war, hat sich inzwischen zu einem Vollzeit-Projekt entwickelt.
Verschiedene Arten der Wäsche (Kochwäsche [wir „kochen“ bei 60 Grad], Buntwäsche, Schwarzwäsche, Funktionswäsche und vermutlich weitere Kategorien, die mir jedoch unbekannt sind) müssen in diesem Haushalt regelmäßig gewaschen werden. Und das sieht man auch. Im Badezimmer existiert ein Schmutzwäsche-Vorsortiersystem mit drei unterschiedlichen Wäschesäcken, eine ordentlich sortierte Waschmittelbox im Hauswirtschaftsraum zeugt von solider Kompetenz bezüglich des Einsatzes von Waschmitteln unterschiedlichster Zweckbestimmungen, verschieden duftenden Weichspülern, Pflege- und Spezialprodukten. Dass dem Mann der Begriff „Detergens“ bis heute fremd ist, verwundert hier, soll aber nur der Vollständigkeit halber erwähnt werden und wurde auch nur am Rande eines Gesprächs über Geschirrspülmittel – ein Feld, zu dem bei uns aufgrund der Anwesenheit eines Geschirrspülgeräts nicht so viel Expertise herrscht – offenkundig.
[Exkurs zum Thema Detergens: Mein erster Freund, mit dem ich länger zusammen war, war und ist Chemiker und sein Vater auch und im väterlichen Haushalt wurde tatsächlich immer und konsequent für das Wort „Spülmittel“ der Fachbegriff Detergens verwendet. Das hat in mir, als immerhin (!) Biochemikerin, bis heute eine irgendwie beglückende Irritation ausgelöst, die es mir unmöglich macht, nicht an das Wort Detergens zu denken, wenn ich in der Küche das „Spüli“ in der Hand halte.]
Zurück zur Wäsche. Das Projekt „Wäsche“ mit allen rundherum anfallenden Aufgaben ist in unserem Haus sehr sichtbar. Wir haben zwar einen HWR (Hauswirtschaftsraum), da dieser aber neben Waschmaschine und Trockner gleichzeitig die Sauna, das Werkzeug, die Winterjacken, Mützen und Handschuhe, den großen Spargeltopf und noch einiges Mehr beinhaltet, können wir die Wäsche leider nicht auf diesen Raum beschränken.
Es wurde vielleicht schon deutlich, dass der Mann, wenn er sich für etwas verantwortlich fühlt, dann auch zur Gründlichkeit neigt. Das bedeutet, dass die Wäsche wirklich fachgerecht versorgt wird, immer unter der Maßgabe einer optimierten Langlebigkeit – wir schreiben Nachhaltigkeit groß in unserem Haushalt. Das bedeutet, dass die meiste Wäsche (Unterwäsche und Handtücher sind hier die Ausnahme – Socken auch) leider nicht in unserem bestens ausgestatteten Wäschetrockner landet, sondern auf einem von drei Wäscheständern, die – man ahnt es – über das gesamte Haus verteilt aufgestellt sind, zu meinem Missfallen, obwohl auch ich froh bin, dass ich meine Kleider mehr als fünfmal tragen kann. Der letzte Disput zum Thema Wäscheständer-Platzierung erfolgte anlässlich des Wäscheständers im Badezimmer, der meinen Ein- und Ausstieg in die Badewanne erheblich erschwerte. Die Auseinandersetzung führte immerhin zu einem Austausch des Hilfsmittels, sodass nun ein deutlich kleineres, sich mehr in die Höhe erstreckendes Modell zum Einsatz kommt und im Badezimmers nun wieder gewisse Freiheitsgrade ermöglicht. Ein weiterer Wäscheständer steht im Flur, einer (manchmal) im HWR, denn alles muss möglichst schonend getrocknet werden – und es spart ja auch Energie.
Wie man weiß, endet das Thema Wäsche nicht beim Aufhängen. Nein, irgendwann sollte die Wäsche dann ja auch abgehängt, zusammengelegt und den rechtmäßigen Besitzern (was inzwischen gar nicht mehr so einfach ist) zugeführt werden, nicht zuletzt, weil ja auch wieder für neue Wäsche Platz auf den Wäscheständern geschaffen werden muss. Hierfür kommen mindestens vier nicht ganz handliche Wäschekörbe zum Einsatz, die ebenfalls über das gesamte Haus verteilt sind und sich in verschiedenen Zuständen befinden können:
- Leer, wartend auf Wäsche aus der Maschine oder vom Wäscheständer.
- Voll mit feuchter Wäsche.
- Voll mit nicht zusammengelegter Wäsche.
- Voll mit zusammengelegter Wäsche unsortiert.
- Voll mit zusammengelegter Wäsche sortiert nach Empfänger oder zumindest Etage.
Abgesehen von der feuchten Wäsche, die vom Mann zuverlässig und zeitnah aufgehängt wird, denn wer will schon schimmelnde Kleidung, zeigen alle anderen Aggregat- und Daseinszustände der Wäsche (auch auf den Ständern) eine erhebliche – sagen wir – Latenz , was die Weiterverarbeitung angeht. Ich muss ehrlich sein, der Mann ist wirklich kontinuierlich mit der Wäsche beschäftigt, ich bin ihm sehr dankbar dafür und es wäre sehr unredlich, ihm hier Nachlässigkeit zu unterstellen. Trotzdem scheint die Prozesskette „Wäsche“ auch anfällig zu sein für den Status „On Hold“, wobei hier natürlich auch die Endabnehmer absolut in die Pflicht genommen werden müssen, wenn es darum geht, den Wäschekorb der Endstufe (zusammengelegt und sortiert) irgendwann in den passenden Kleiderschrank zu verräumen.
Und jetzt mal ehrlich. Macht der Mann nicht eigentlich alles richtig? Ist es nicht genau das, was Wertschätzung und Anerkennung generiert? Immer mehr oder weniger subtil dafür sorgen, dass die eigenen Projekte und Verantwortlichkeiten für alle und möglichst dauerhaft sichtbar bleiben? Vielleicht sollte ich in Zukunft nach dem Kloputzen die WC-Ente einfach immer auf dem Toilettendeckel stehen lassen, um auch für meinen Part im Haushalt ein bisschen Öffentlichkeit zu schaffen. Fehlenden Dreck sieht man halt leider nicht …